Markus Porsche-Ludwig, Jürgen Bellers (Hrsg.)

Handbuch der Religionen der Welt

Mit einem Geleitwort von
Prof. Dr. Dr. h.c. mult. Hans Küng
Präsident der Stiftung Weltethos

Rezension


Der Afrika gewidmete Teilband 4 des "Handbuch(s) der Religionen der Welt" ist befasst mit 55 Religionen, beginnend mit denen Ägyptens und endend mit denen der Zentralafrikanischen Republik. Wie die vorausgegangenen Bände folgt auch Teilband 4 der Gliederung "Religion und deren Geschichte"; "Statistiken und Organisationen"; "Bedeutsame Theologen und ihre Lehren"; "Literaturtitel". Die Ausführungen zu afrikanischen Religionen tragen erheblich zum Verständnis der innenpolitischen Situation in den jeweiligen Ländern bei, z. B. der derzeitigen Verhältnisse in Ägypten. "90% der Ägypter gehören dem Islam sunnitischer Prägung an, 1% den Schiiten. Die zweitbedeutendste Religion ist das Christentum. Staatliche Quellen gehen von 8 % aus, wobei die Christen selbst 12-15 % angeben ... Die heutige Dominanz der Muslime stellte sich in der Vergangenheit anders dar. Es waren zunächst die Kopten, die in Ägypten am meisten Einfluss nahmen und das Christentum zur ‚ Volksreligion' im Land machten" (S. 719). Zu Somalia wird konstatiert: "Fast die gesamte Bevölkerung Somalias gehört dem sunnitischen Zweig des Islam an ... Seit Ausbruch des Bürgerkrieges gehören islamische Einrichtungen zu den wichtigen Institutionen, die Bildung und medizinische Versorgung oder auch Rechtsprechung anbieten. Auf die Lage der Frauen wirkt sich der wachsende Einfluss des Islam unterschiedlich aus. Das islamische Recht bringt ihnen gegenüber dem Gewohnheitsrecht gewisse erbrechtliche Verbesserungen. Geistliche sprechen sich heute auch gegen die weit verbreitete Mädchenbeschneidung aus. Jedoch werden Frauen aufgefordert, sich stärker zu verhüllen oder die Öffentlichkeit zu meiden" (S. 909/10). Die Dominanz des Islam in den genannten Staaten ist nicht typisch für die des gesamten afrikanischen Kontinents. So gehören in Uganda mehr als 80% der Bevölkerung christlichen Religionen an, bei denen es sich in erster Linie um Katholiken und Protestanten handelt. Demgegenüber sind die Moslems mit etwa 10 % eindeutig in der Minderheit. Noch dominierender als in Uganda sind die christlichen Bekenntnisse in Namibia. Sie erstrecken sich auf 87 % der Bevölkerung. Davon sind ca. 80 % Protestanten und ca. 20% Katholiken. In Mosambik teilt sich die Bevölkerung zu 24% in Katholiken und 22 % in Protestanten; 20 % sind Muslime. Die konfessionelle Gestaltung des afrikanischen Kontinents einschließlich der daraus resultierenden Gegebenheiten sind zu nicht unerheblichen Teilen eine Konsequenz der Kolonisierung. Das machen die informativen Ausführungen deutlich.

Konrad Fuchs

Der mit Asien befasste Teilband 5 des "Handbuch(s) der Religionen der Welt" listet Religionen in 51 Ländern des Kontinents auf. Vieles von dem, was dort in politischer und kultureller Hinsicht geschieht, erklärt sich aus den weltanschaulichen Strukturen. So wird zu Afghanistan festgestellt: "Das Land am Hindukusch war ... stets Kreuzweg unterschiedlicher Kulturen. Die südliche Seidenstraße nach China und der Weg nach Indien waren nur durch Afghanistan möglich. Alle Eroberer, Händler und Reisende haben ihre Spuren hinterlassen, wozu auch ihre jeweilige Religion gehörte ... Im Zeitraum von 250-135 vor unserer Zeit waren am Hindukusch u. a. griechische Götter, die Lehre von Zaratustra (Sardascht), der Buddhismus, der Hinduismus, der Brahmanismus und der Mithras-Kult vertreten ... Der Islam wurde erst im 7. Jahrhundert durch arabische Eroberungskrieger nach Afghanistan gebracht. Die Eroberungen Afghanistans durch die Araber dauerten von 650 bis etwa 750." Die Islamisierung des Landes ging keineswegs einher mit seiner Eroberung. Sie unterlag einem zeitlich langen Prozess. So wurde das nordöstliche Afghanistan "erst im Jahre 1895/1896 durch den Despoten Abdul Rahman gewaltsam islamisiert" (S.981). Heute bekennen sich rd. 99 % der Bevölkerung des Landes zum Islam, etwa 1 % zur hinduistischen, jüdischen, Bahai- und christlichen Konfession. - In China mit seinen etwa 1,3 Mrd. Einwohnern sind 60-70 % atheistisch oder agnostisch. Als Hauptreligionen gelten Buddhismus, Taoismus, Christentum und Islam. Die protestantische Kirche Chinas umfasst 10 Millionen Gläubige, die katholische Kirche mehr als 4 Millionen. Die katholische Kirche des Reichs der Mitte hat ihre "politische(n) Beziehungen zum Vatikan" abgebrochen, "um ihre Unabhängigkeit und Autonomie in den von ihnen betriebenen Kirchen wahrzunehmen" (S. 1041). - Eine Ausnahme hinsichtlich der Bekenntnisse in den asiatischen Staaten bilden die Philippinen insofern, als sie "neben Osttimor das einzige Land mit einer überwiegend christlichen Bevölkerung" sind, und dies deshalb, weil "(d)ie spanische Eroberung der Philippinen ab 1565 .. eng mit dem Ziel der Bekehrung der Einheimischen verbunden (war)" (S. 1 241). Die amerikanische Kolonialzeit seit 1898 führte dazu, das protestantische Missionare auf den Philippinen zu wirken begannen. Heute bekennen sich 80% der Bevölkerung zum katholischen Glauben. Lediglich 5 % sind Muslime, während die übrigen Filipinos sonstigen christlichen Bekenntnissen angehören. Die angeführten Beispiele können als repräsentativ für die komplexe weltanschauliche Situation in den Ländern Asiens betrachtet werden. Auf den Informationswert von Teilband 5 des "Handbuch(s) der Religionen der Welt" sei nachdrücklich hingewiesen.

Konrad Fuchs


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